Die Zusammenarbeit der EU mit den afrikanischen Ländern und der Afrikanischen Union (AU) beruht auf zwei Säulen: a) den Partnerschaftsabkommen mit den Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean (AKP-Staaten) und b) der Gemeinsamen Strategie Afrika-EU. Das im Jahr 2000 von der EU und den AKP-Staaten in Cotonou (Benin) unterzeichnete Partnerschaftsabkommen, das über 20 Jahre lang die Rechtsgrundlage für die politische, wirtschaftliche und entwicklungspolitische Dimension der Partnerschaft bildete, wird gegenwärtig durch ein ganz neues Abkommen, das am 15. November 2023 in Samoa unterzeichnet wurde, ersetzt. Ursprünglich sollte das Cotonou-Abkommen Ende 2020 auslaufen, allerdings wurde es verlängert, zuletzt bis Dezember 2023. Grund hierfür war, dass die Unterzeichnung des neuen Abkommens, das ausgehandelt wurde, um die Partnerschaft zu modernisieren und auszubauen, mehrere Jahre im EU-Rat blockiert wurde.
Die Gemeinsame Strategie Afrika-EU wurde durch mehrjährige Fahrpläne und Aktionspläne umgesetzt, die auf jedem Afrika-EU-Gipfel angenommen wurden. Auf dem letzten Gipfeltreffen EU-AU im Februar 2022 in Brüssel einigten sich die Staats- und Regierungschefs der EU und Afrikas auf eine gemeinsame Vision für eine erneuerte Partnerschaft auf der Grundlage von Solidarität, Sicherheit, Frieden, nachhaltiger Entwicklung und gemeinsamem Wohlstand.
Die EU ist Afrikas größter Geber von Entwicklungshilfe, die über das Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit (NDICI) – Europa in der Welt bereitgestellt wird.
Kommissionspräsidentin von der Leyen erklärte in ihrer Rede zur Lage der Union im September 2023, dass die EU „eine für beide Seiten vorteilhafte Partnerschaft entwickeln [muss], die sich mit Fragen beschäftigt, die für Europa und Afrika gleichermaßen von Interesse sind“ und mit Afrika ein neues Strategiekonzept erarbeiten muss.

Rechtsgrundlage

  • Artikel 217 und 218 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV);
  • das Cotonou-Partnerschaftsabkommen zwischen den AKP-Staaten und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten (Cotonou-Abkommen), das ab Januar 2024 durch das Samoa-Partnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Organisation afrikanischer, karibischer und pazifischer Staaten (OAKPS) andererseits ersetzt werden soll;
  • Verordnung (EU) 2021/947 zur Schaffung des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit – Europa in der Welt.

Die AKP-EU-Partnerschaftsabkommen

Die Beziehungen zwischen der EU und den afrikanischen Ländern südlich der Sahara wurden insbesondere durch das Cotonou-Abkommen geregelt, das die Grundlage für die Beziehungen zwischen der EU und den 79 Staaten der OAKPS bildete.

Das Cotonou-Abkommen wurde im Jahr 2000 unterzeichnet und sollte 2020 auslaufen, wurde jedoch mehrmals verlängert, zuletzt bis 31. Dezember 2023. Wichtigstes Ziel des Abkommens von Cotonou war es, zur Beseitigung der Armut beizutragen und die Integration der AKP-Staaten in die Weltwirtschaft zu fördern. Das Abkommen war in drei Säulen aufgeteilt (politische Dimension, Entwicklungszusammenarbeit, wirtschaftliche und handelspolitische Zusammenarbeit) und wurde durch die gemeinsamen Institutionen der AKP-Staaten und der EU, darunter Ministerrat, Botschafterausschuss und Paritätische Parlamentarische Versammlung, umgesetzt.

Die Verhandlungen über das Nachfolgeabkommen zum Cotonou-Abkommen zwischen der EU und der OAKPS wurden im Dezember 2020 abgeschlossen, die Unterzeichnung des neuen Abkommens erfolgte jedoch erst im November 2023, da es EU-interne Unstimmigkeiten hinsichtlich der Art des neuen Abkommens und Vorbehalte zweier EU-Mitgliedstaaten gab. In dem neuen Partnerschaftsabkommen werden strategische Schwerpunktbereiche für die Zusammenarbeit festgelegt, darunter: Menschenrechte, Demokratie und gute Regierungsführung; Frieden und Sicherheit, menschliche und soziale Entwicklung, ökologische Nachhaltigkeit und Klimawandel; inklusives, nachhaltiges Wirtschaftswachstum und inklusive, nachhaltige Entwicklung sowie Migration und Mobilität. In dem neuen Abkommen, das häufig auch als „Nachfolgeabkommen zum Cotonou-Abkommen“ bezeichnet wird, wird auch die Bedeutung der Zusammenarbeit in internationalen Foren, im Rahmen der Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und bei den Zielen für nachhaltige Entwicklung hervorgehoben.

Die Zusammenarbeit ist in drei regionale Protokolle gegliedert, die die verschiedenen Prioritäten der AKP-Regionen widerspiegeln. Das Protokoll EU-Afrika bildet nun den wichtigsten rechtlichen Rahmen für die Beziehungen zwischen der EU und den afrikanischen Ländern südlich der Sahara. Im Protokoll wird dem Dialog und der Zusammenarbeit mit der AU eine größere Rolle eingeräumt. Zu den regionalen Schwerpunktbereichen gehören integratives und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, menschliche und soziale Entwicklung, Umwelt und natürliche Ressourcen, Frieden und Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit, Justiz, Demokratie und gute Regierungsführung, Menschenrechte und Gleichstellung der Geschlechter sowie Migration und Mobilität.

Im neuen Samoa-Partnerschaftsabkommen sind gemeinsame Organe vorgesehen, insbesondere ein OAKPS-EU-Ministerrat und vier interparlamentarische Versammlungen, bestehend aus einer zentralen Gemeinsamen Parlamentarischen Versammlung OAKPS-EU und drei regionalen parlamentarischen Versammlungen (Afrika-EU, Karibik-EU und Pazifik-EU) (siehe das Briefing des Wissenschaftlichen Dienstes des Europäischen Parlaments mit dem Titel „After Cotonou: towards a new agreement with the African, Caribbean and Pacific states“ (Nach Cotonou: auf dem Weg zu einem neuen Abkommen mit den afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten)). Stand November 2023 sollen die konstituierenden Sitzungen der vier Versammlungen im Februar 2024 in Luanda (Angola) stattfinden. Jede Versammlung wird jährlich eine ordentliche Sitzung abhalten. Ausgerichtet werden die Sitzungen dabei abwechselnd von einem EU-Staat und einem AKP-Staat. Die Regionalversammlungen können zudem in Verbindung mit der jährlichen Gemeinsamen Parlamentarischen Versammlung OAKPS-EU zusätzliche Sitzungen abhalten.

Die Gemeinsame Strategie Afrika-EU

Die ursprüngliche Gemeinsame Strategie Afrika-EU wurde von den Staats- und Regierungschefs der EU und Afrikas auf dem zweiten EU-Afrika-Gipfel (2007 in Lissabon) angenommen. In dieser Strategie wurde die politische Vision für die Partnerschaft Afrika-EU festgelegt. Sie umfasst folgende Ziele:

  • Ausdehnung der Beziehungen zwischen Afrika und der EU über die Zusammenarbeit zwischen Gebern und Empfängern hinaus auf Themen von beiderseitigem politischem Interesse;
  • Ausweitung der Zusammenarbeit zur Bewältigung weltweiter gemeinsamer Herausforderungen wie Migration, Klimawandel, Frieden und Sicherheit sowie Stärkung der Zusammenarbeit in internationalen Foren;
  • Unterstützung der Bestrebungen Afrikas, transregionale und kontinentale Antworten auf diese wichtigen Herausforderungen zu finden;
  • Aufbau einer auf die Menschen ausgerichteten Partnerschaft, um eine bessere Teilhabe der Bürger Afrikas und Europas zu erreichen.

Im Vorfeld des nächsten (sechsten) Gipfeltreffens zwischen der EU und der AU veröffentlichten die Kommission und der Europäische Auswärtige Dienst eine Mitteilung mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer umfassenden Strategie mit Afrika“. In der Mitteilung wird eine verstärkte Zusammenarbeit vorgeschlagen, die sich auf fünf Säulen stützt: den Übergang zu einer grünen Wirtschaft und den Zugang zu Energie, den digitalen Wandel, nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung, Frieden und gute Regierungsführung sowie Migration und Mobilität. Am 25. März 2021 verabschiedete das Parlament eine Entschließung zu einer neuen Strategie EU-Afrika – eine Partnerschaft für nachhaltige und inklusive Entwicklung. In der Entschließung des Parlaments wurden Teile des Vorschlags, wie nachhaltiges und integratives Wachstum, aufgegriffen und gestärkt, während gleichzeitig gefordert wurde, den Schwerpunkt stärker auf andere Bereiche wie menschliche Entwicklung, soziale Inklusion, Menschenrechte, Stärkung der Rolle von Frauen und jungen Menschen und widerstandsfähige Landwirtschaft zu legen. Was die Migration betrifft, so wurde in der Entschließung die Ansicht vertreten, dass der Erfolg der Partnerschaft von erheblichen Verbesserungen der Mobilitätsmöglichkeiten abhängen werde, und es wurde die Entwicklung legaler Migrationskanäle gefordert.

Auf dem sechsten Gipfeltreffen zwischen der EU und der AU (Brüssel, 17.-18. Februar 2022) einigten sich die Staats- und Regierungschefs der EU und der AU auf eine gemeinsame Vision für eine erneuerte Partnerschaft zur Förderung der gemeinsamen Prioritäten, der gemeinsamen Werte und des Völkerrechts sowie zur Wahrung der gemeinsamen Interessen und öffentlichen Güter. Hierzu gehören u. a.: Sicherheit und Wohlstand der Bürgerinnen und Bürger, Schutz der Menschenrechte für alle, Gleichstellung der Geschlechter und Stärkung der Rolle der Frau in allen Lebensbereichen, Achtung der demokratischen Grundsätze, verantwortungsvolle Regierungsführung und Rechtsstaatlichkeit, Maßnahmen zur Erhaltung des Klimas, der Umwelt und der biologischen Vielfalt, nachhaltiges und integratives Wirtschaftswachstum, Bekämpfung von Ungleichheiten, Förderung der Rechte des Kindes und Inklusion von Frauen, jungen Menschen und der am stärksten benachteiligten Bevölkerungsgruppen. Auf dem Gipfel wurde ein Investitionspaket Afrika-Europa in Höhe von 150 Mrd. EUR vereinbart mit dem Ziel, diversifizierte, nachhaltige und widerstandsfähige Volkswirtschaften zu fördern.

Entwicklungszusammenarbeit

Die EU und ihre Mitgliedstaaten sind nach wie vor Afrikas größter Geber von öffentlicher Entwicklungshilfe.

Als Ergebnis der Verhandlungen über den neuen mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027 (siehe Kurzdarstellung 1.4.3 „Mehrjähriger Finanzrahmen“) wird die Entwicklungszusammenarbeit durch das umfassende Instrument „NDICI – Europa in der Welt“ abgedeckt, das vollständig in den EU-Haushalt integriert ist. Zuvor wurde der Großteil der Entwicklungshilfe für afrikanische Länder über den Europäischen Entwicklungsfonds bereitgestellt, der vom EU-Haushalt abgekoppelt war.

„NDICI – Europa in der Welt“ vereint 10 getrennte Instrumente und Mittel aus dem MFR 2014-2020 sowie dem Europäischen Entwicklungsfonds. Es verfügt über eine Finanzausstattung von 79,5 Mrd. EUR (zu Preisen von 2020) und besteht aus drei Hauptkomponenten: eine geografische Komponente, eine thematische Komponente und eine Krisenreaktionskomponente. Der größte Teil, der für die geografische Komponente reserviert ist, beläuft sich auf 60,4 Mrd. EUR, und fast die Hälfte davon ist für Afrika bestimmt. 

Handelsbeziehungen

Das Cotonou-Abkommen ermöglichte es der EU und den AKP-Staaten, entwicklungsorientierte Freihandelsabkommen, sogenannte Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA), auszuhandeln. Der Handel zwischen der EU und afrikanischen Ländern – zusammen mit der regionalen und kontinentalen wirtschaftlichen Integration – gilt als wesentliches Element zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung in Afrika. Darüber hinaus wird den meisten Ländern südlich der Sahara anhand von unilateralen Regelungen ein präferenzieller Marktzugang zur EU gewährt (siehe Kurzdarstellung 5.2.3 „Handelsregelungen für Entwicklungsländer“). Die wichtigsten Instrumente zur Förderung des Handels zwischen den Regionen Afrikas und der EU sind die WPA, die als uneingeschränkt mit den Regeln der Welthandelsorganisation vereinbar erachtet werden. Die Verhandlungen über diese WPA, die 2002 begonnen haben, haben sich jedoch als schwieriger als erwartet erwiesen und sind auf erheblichen Widerstand seitens einiger afrikanischer Regierungen, Vertreter der lokalen Zivilgesellschaft und Gewerkschaften gestoßen. Daher werden mehrere WPA, die ganze afrikanischen Regionen abdecken sollten, nur vorläufig mit Ländern angewandt, die dazu bereit sind, wie Côte d’Ivoire, Ghana, Kamerun und Kenia (weitere Informationen sind dem Briefing des Wissenschaftlichen Dienstes des Europäischen Parlaments mit dem Titel „EU economic Partnership agreements with ACP countries“ (Wirtschaftspartnerschaftsabkommen der EU mit AKP-Staaten) zu entnehmen).

Rolle des Europäischen Parlaments

Für den Abschluss des Samoa-Abkommens ist laut Gesetz die Zustimmung des Parlaments erforderlich (Artikel 218 AEUV). Allerdings kann das Abkommen bereits vor Erteilung der Zustimmung und vor der Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten teilweise und vorläufig angewandt werden. Die Zustimmung des Parlaments ist auch für WPA mit AKP-Ländern erforderlich. Darüber hinaus hat das Parlament aktiv zur Gestaltung des neuen Finanzierungsinstruments „NDICI – Europa in der Welt“ beigetragen und überwacht dessen Umsetzung.

Das Parlament verfügt über mehrere ständige interparlamentarische Delegationen für die Beziehungen mit den afrikanischen Staaten und Institutionen. Die wichtigste Einrichtung für die Arbeit des Parlaments in dieser Hinsicht war bislang die Paritätische Parlamentarische Versammlung AKP-EU, die sich aus Mitgliedern des Parlaments und Abgeordneten aus den AKP-Staaten zusammensetzt und die gemäß Artikel 14 des Cotonou-Abkommens eine zentrale Rolle dabei spielt, die parlamentarischen Beziehungen zwischen der EU und ihren AKP-Partnerstaaten zu stärken. Neben den neuen regionalen parlamentarischen Versammlungen war eine der Hauptforderungen des Parlaments während der Verhandlungen die Beibehaltung einer Gemeinsamen Parlamentarischen Versammlung im neuen Abkommen, welche als unabdingbare Voraussetzung für seine Zustimmung gilt.

Durch seine 2009 eingerichtete Delegation für die Beziehungen zum Panafrikanischen Parlament hat das Parlament ebenfalls Formen der parlamentarischen Zusammenarbeit mit der AU entwickelt. Die zwischenstaatlichen Gipfeltreffen werden in der Regel von parlamentarischen Gipfeltreffen begleitet, wobei zu Beginn eines jeden zwischenstaatlichen Gipfeltreffens eine gemeinsame Erklärung der parlamentarischen Gipfeltreffen direkt an die Staats- und Regierungschefs abgegeben wird.

Die Europäische Union unterhält außerdem privilegierte parlamentarische Beziehungen mit Südafrika, die 2007 durch die Strategische Partnerschaft zwischen der EU und Südafrika -, die einzige bilaterale strategische Partnerschaft der EU mit einem afrikanischen Staat, gestärkt wurden. Dies spiegelt sich auch in der eigens eingerichteten Delegation für die Beziehungen zu Südafrika des Parlaments wider.

 

Christian Meseth