Grenzüberschreitende Familienstreitigkeiten – für Fachleute
Die Koordinatorin tritt für eine engere Zusammenarbeit und gegenseitiges Vertrauen zwischen den EU‑Ländern beim grenzüberschreitenden Familienrecht ein und bemüht sich, die gütliche Beilegung von grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten etwa durch den Einsatz von Mediation zu fördern.
Die Koordinatorin hält den Zugang zu fachlicher Beratung und Hilfe für die Beteiligten für unentbehrlich und ist deshalb in engem Kontakt mit Experten, um die Entwicklung von EU‑Netzwerken von Spezialisten zu unterstützen.
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Mit der steigenden Zahl an internationalen Familien nehmen auch die grenzüberschreitenden Konflikte in familienrechtlichen Angelegenheiten in der EU weiter zu. Bei Streitigkeiten zwischen internationalen Paaren können die unterschiedliche Rechtstraditionen und nationalen Regelungen zu einem sehr großen Problem werden. Dies kann durch kulturelle, sprachliche und finanzielle Hindernisse noch verschärft werden.
Die Koordinatorin tritt dafür ein, dass sich die Fachleute auf diesem Gebiet für den Dialog und eine engere Zusammenarbeit innerhalb der EU und mit Drittländern engagieren, um die Auswirkungen dieser Streitigkeiten auf die Kinder und Familien in Grenzen zu halten und dafür zu sorgen, dass eine schnelle und gute Lösung im Interesse des Kindes gefunden wird.
Die Koordinatorin unterstützt diese Zusammenarbeit weiterhin durch ihre Beteiligung an verschiedenen Netzwerken, ihre Förderung des Dialogs im Europäischen Parlament und ihren Beitrag zu Seminaren und Konferenzen in den EU‑Ländern.
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Obwohl diese Möglichkeit der alternativen Streitbeilegung sowohl für die betroffenen Familien als auch für unsere europäischen Gerichte schneller, kostengünstiger und effizienter sein kann, kommt Mediation nur in wenigen Fällen elterlicher Kindesentführung zum Einsatz.
Die Koordinatorin unterstützt die Mediation als praktikable und effiziente Möglichkeit der Beilegung grenzüberschreitender Familienstreitigkeiten. Wird ein Kind von einem Elternteil entführt, steht die gerichtliche Entscheidung über die Rückgabe des Kindes oft nur am Anfang langwieriger Rechtsstreitigkeiten, die das Kind bis ins Erwachsenenalter begleiten und sich negativ auf dessen Entwicklung und Wohlergeben auswirken können.
Mediation kann helfen, langwierige und teure Auseinandersetzungen vor Gericht zu vermeiden, indem die Eltern dabei unterstützt werden, eine gemeinsame Entscheidung zu treffen, damit das Kind entweder möglichst rasch in die gewohnte Umgebung zurückkehren kann oder diese gar nicht erst verlassen muss. Ebenso ermöglicht sie es den Eltern, dauerhafte Lösungen für das Sorgerecht zu finden.
Die Verordnung (EU) 2019/1111 vom 25. Juni 2019 über die Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und über internationale Kindesentführungen (Brüssel-IIb-Verordnung) ist ab dem 1. August 2022 anwendbar.
Durch die Verordnung werden der Einsatz von Mediation und alternativen Streitbeilegungsverfahren gefördert (vgl. Artikel 25 und Erwägung 43).
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Die Koordinatorin befürwortet die kontinuierliche Entwicklung professioneller Netzwerke und den Wissens- und Erfahrungsaustausch unter Fachleuten. Das Büro der Koordinatorin arbeitet eng mit grenzüberschreitenden Mediatorennetzwerken und anderen Verbänden und Einrichtungen in Europa zusammen, um die Entwicklung bewährter Verfahren zum Schutz von Kindern in grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten zu unterstützen.
Fachleute werden dazu ermutigt, sich mit etablierten Netzwerken und Verbänden in Verbindung zu setzen. Hierzu zählen beispielsweise folgende:
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Sind Kinder direkt oder indirekt in Gerichtsverfahren involviert, muss durch das Rechtssystem sichergestellt sein, dass die Rechte und Bedürfnisse der Kinder vollumfänglich berücksichtigt und beachtet werden. Verfahren, an denen Kinder beteiligt sind, müssen zügig und in kinderfreundlicher Weise abgewickelt werden, um das Wohl des Kindes zu gewährleisten.
In Fällen, in denen es um elterliche Kindesentführung oder Sorgerechtsstreitigkeiten geht, sind die Mitgliedstaaten gemäß der Brüssel-IIb-Verordnung dazu verpflichtet, Kindern, die fähig sind, sich ihre eigene Meinung zu bilden, eine echte und wirksame Gelegenheit zur Meinungsäußerung zu geben. Das Gericht muss diese Meinungsäußerungen berücksichtigen und der Meinung von Kindern entsprechend ihrem Alter und ihrer Reife gebührendes Gewicht beimessen (Artikel 21 und 26).
Für Personen, die damit beauftragt werden, Anhörungen von Kindern auf angemessene, sinnvolle und sichere Art und Weise durchzuführen, müssen Schulungen und berufliche Standards vorhanden sein. Die Koordinatorin möchte die Arbeit der EU‑Mitgliedstaaten zur Entwicklung und Umsetzung bewährter Verfahren der Anhörung von Kindern unterstützen.
Sie ist außerdem darauf bedacht, die Schulung von Justiz‑ und Verwaltungsbehörden, die für die Anhörung von Kindern zuständig sind, zu unterstützen und die das Kind einbeziehende Mediation und die Einführung von Berufsstandards sowie Aus- und Fortbildungen für internationale Mediatoren, die mit Kindern arbeiten, zu fördern.
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Die Verordnung (EU) 2019/1111 vom 25. Juni 2019 über die Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und über internationale Kindesentführungen (Brüssel-IIb-Verordnung) ist ab dem 1. August 2022 anwendbar.
Die mit der Brüssel-IIb-Verordnung eingeführten neuen Bestimmungen beziehen sich vor allem auf grenzüberschreitende Streitigkeiten über die elterliche Verantwortung sowie auf Fälle elterlicher Kindesentführungen. Mit diesen Bestimmungen sollen Verfahren vereinfacht, eine engere Zusammenarbeit zwischen den Justizsystemen gefördert und für eine zügigere Anwendung und wirksame Durchsetzung von Entscheidungen gesorgt werden, um Kinder, die in grenzüberschreitende Verfahren involviert sind, zu schützen.
In der Brüssel-IIb-Verordnung ist auch vorgesehen, dass Kindern, die fähig sind, sich ihre eigene Meinung zu bilden, in allen Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung eine echte und wirksame Gelegenheit zur Meinungsäußerung gegeben wird; zudem wird durch die Verordnung die Rolle der Mediation in solchen Verfahren gestärkt.
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Wir empfehlen Fachleuten, die folgenden Leitfäden für angemessene Vorgehensweisen nach dem Haager Übereinkommen und der Brüssel-IIb‑Verordnung zu konsultieren:
Praxisleitfaden nach dem Haager Übereinkommen von 1980:
- Grenzüberschreitender Kontakt mit Kindern – Allgemeine Grundsätze und Praxisleitfaden
- Praxisleitfaden nach dem Haager Übereinkommen von 1980: Teil I – Praxis der Zentralen Behörden
- Praxisleitfaden nach dem Haager Übereinkommen von 1980: Teil II – Maßnahmen zur Implementierung
- Praxisleitfaden nach dem Haager Übereinkommen von 1980: Teil III – Vorbeugende Maßnahmen
- Praxisleitfaden nach dem Haager Übereinkommen von 1980: Teil IV – Vollstreckung
- Praxisleitfaden nach dem Haager Übereinkommen von 1980: Teil VI – Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe b
Weitere nützliche Informationsquellen:
- Hochrangige Konferenz zur Brüssel-IIb-Verordnung
- AMICABLE-Projekt zur grenzüberschreitenden Anerkennung und Vollstreckbarkeit mediierter Familienvereinbarungen in der EU
- Europäisches Justizportal
- Eurostat-Statistiken zu Eheschließungen, Scheidungen und Geburten in der EU
- Neue Entwicklungen im EU-Familienrecht in Bezug auf Kindesentführung durch einen Elternteil und grenzüberschreitende Streitigkeiten über die elterliche Verantwortung - Kurzer Animationsfilm des (von der Europäischen Union kofinanzierten) Internationalen Mediationszentrums für Familienkonflikte und Kindesentführung MiKK
Englisch mit Untertiteln in allen 24 EU-Amtssprachen.