Vollendung des Binnenmarktes: das Europäische Parlament und die wirtschaftliche Integration, 1979–1989

Studie 23-04-2020

In den ersten zehn Jahren seines Bestehens als direkt gewähltes politisches Organ hatte das Europäische Parlament im Zeitraum zwischen 1979 und 1989 maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung des Diskurses und der Agenda im Zusammenhang mit dem Begriff der Vollendung des „einheitlichen Marktes“ oder „Binnenmarktes“ der (damaligen) Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Das Parlament setzte sich schon frühzeitig für ein Tätigwerden in diesem Bereich ein und befasste sich mit der Festlegung und Analyse von Themen wie beispielsweise der „Kosten des Nicht-Europas“. Damit trug es zu dem politischen und konzeptionellen Klima bei, das es der Europäischen Kommission ermöglichte, im Jahr 1985 unter ihrem neuen Präsidenten, Jacques Delors, ein ehrgeiziges Programm für die Vollendung des Binnenmarktes bis 1992 auf den Weg zu bringen. Verstärkt und vorangetrieben wurde diese Entwicklung durch die Verabschiedung der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) im darauffolgenden Jahr. Durch die Ausweitung der Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit (BQM) im Rat und die Aufwertung der Rolle des Europäischen Parlaments im Gesetzgebungsverfahren durch die EEA wurde die Position des Parlaments innerhalb des „institutionellen Dreiecks“ der Gemeinschaft gestärkt, sodass es unmittelbarer Einfluss auf die Inhalte von Rechtsvorschriften nehmen konnte. Ab dem Jahr 1987 nahm das Parlament seine neue Gesetzgebungsbefugnis aktiv wahr und prüfte die ausführlichen Vorschläge für die Vollendung des Binnenmarktes, die von der Kommission Delors vorgelegt wurden. In diesem Zusammenhang fanden wichtige Aussprachen über die für die einzelnen Aspekte der Liberalisierung und Regulierung festzulegenden Prioritäten statt. Der zunehmend erfolgreiche Binnenmarktprozess wiederum führte dazu, dass sich das Parlament intensiv darum bemühte, den Binnenmarkt um die Schaffung einer einheitlichen Währung zu ergänzen, und damit den Impuls für die Errichtung der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) gab. Diese Studie, die vom Wissenschaftlichen Dienst des Europäischen Parlaments (EPRS) in Auftrag gegeben wurde, ist Teil der fortlaufenden Geschichte des Europäischen Parlaments, d. h. seines Wesens, seiner Rolle und seines Einflusses als politisches Organ seit seiner Gründung im Jahr 1952.